PooL-Processing:

Heiko Idensen:
idensen@rz.uni-hildesheim.de
Glünderstr. 3, 30167 Hannover
Tel: +49/ (0)511/ 709559
FAX: +49/ (0)5121/867558 (c/o Uni Hildesheim, A.M.I.)
Matthias Krohn:
krohn@fh-potsdam.de

Kontext PooL-Processing:

1988/1989: EMAF Osnabrück / Ars Electronica '89
Als Informationsagenten dealen wir mit Informationen. Die heiße immaterielle Ware aus unserem "Archiv für ästhetische Informationen" konfrontieren wir mit dem jeweiligen aktuellen Geschehen auf Festivals, Workshops und Kongressen, um mit den Besuchern einen Raum der Auseinandersetzung zu schaffen.
Angriffe, Gerüchte, Kritiken, Falsch-Meldungen werden in 12-stündig erscheinenden Print-Outs den Medien-Konsumenten zum Fraß vorgeworfen.
Nichts passiert (mit den Informationen).
Da unser Beitrag durch die Maschen der Katalog-Redaktion fällt (Weibel/Lischka), mischten wir die Diskussionen des 89er Symposions der ars electronica "Im Netz der Systeme" zu einem fiktiven Ausflug ins PooL-Archiv zunächst für eine Buch-Publikation (Merve Verlag, Berlin, 1990 Nr. 152) und können sie hier als navigierbares "Buch" zur Verfügung stellen.

1990: Die Imaginäre Bibliothek
Eine Fortsetzung des reinen "Informations-Processings" mit anderen Mitteln:
Das Text/Bild-Archiv wird inzeniert - hypertextuelle Navigationsprozesse werden mit poetischen Bruchstücken der Buchkultur aufgeladen.
Der Leser als Reisender/Navigator/User wird zum neuen Helden, der gegen die stupide Vorherrschaft designter Bild-Schirm-Medien einen aussichtslosen einsamen Kampf führt.
Die Leser verirren sich zwar zwangläufig - wie vorgesehen - im Geflecht der verschachtelten Text-Fragmente, aber die "generativen Bücher", Produktionstools zum Weiterschreiben von Romananfängen, die Gedicht- und Mesostic-Generatoren werden kaum genutzt: Nichts passiert (außerhalb der Bibliothek).
Die Bibliothek bleibt "imaginär" ...

1994: 1000 add One Frame. VideoNetwork zum European Media Art Festival
Die Anwendung rhizomatischer Vernetzungstechniken auf die AV-Medien - ein Video-Netzwerk aus 222 jeweils 10 - 30 sekündigen Cut-Ups experimenteller Videos - scheitert am Interface (letztlich spielt der Betrachter lediglich mit den frei verfügbaren Materialien - die Qualität der endlos neu zusammensetzbaren "Zusammenschnitte" erreicht in etwa den Scharm zufallsgesteurter Bildschirm-Schoner) und am fehlenden Vertrieb dieser "Kunst"-CD-ROM (der Mythos jeder könne "billig" eine CD- ROM produzieren rechnet nicht mit den Marktmechanismen, die für eine Verbreitung in der Regel eine Kooperation mit den Main-Stream-Medien voraussetzen: Nichts passiert (mit den CDs).
(CD-ROM für Macintosh - 68030, 8 MB, Farbe - mit einer verschachtelten Navigations-Oberfläche für die Videosequenzen - und Windows - MPC 2, 8 MB - hier können die Sequenzen über einen Player neu zusammengestellt werden - Bestellungen über EMAF FAX: 0541-28327)

Durch Interaktionsmöglichkeiten und eingebaute Rückkopplungsmechanismen reichen wir die entscheidenden Impulse und Kulminationspunkte unserer Programme/Texte/Installationen/Aktionen/Lesungen an die Leser/Betrachter/User weiter - ohne daß diese allerdings 'wirklich' eingelöst werden: Nichts passiert (wirklich).

Die Programmierung der Imaginären Bibliothek setzt die Metapher einer labyrinthischen Bibliothek in Szene und folgt damit dem postmodernen Geschwafel von der aktiven Rolle des Lesers, die es dann noch leichtfertig als "Befreiungsideologie" des Informationsmediums Computer ausgibt:
Nicht passiert (mit den Benutzern).
Es wäre wirklich wunderbar, könnte man im Weben einer Hypertext-Struktur der Entstehung von Gedanken beiwohnen - und das auch noch als gemeinschaftliches - kooperatives - Bild-Schirm-Denken.
Dabei ist die Bibliothek wahrscheinlich hermetischer als all unsere Beschreibungen und Beschwörungen vom offenen (Hyper-) Text es wahrhaben wollen - und vielleicht ist es gerade diese (relative) Abgeschlossenheit (bei unendlichen Kombinationsmöglichkeiten), die "funktioniert" und dem Leser wirklich die Illusion vermittelt, einen produktiven Akt auszuführen!

Das Struktur-Zitat der unendlich fragmentarisierten Bibliothek scheint gerade den wunden Punkt der Leser (und Schreiber) im Zeitalter der technischen (Re-) Produzierbarkeit von Texten zu treffen: alle sind jetzt angeschlossen und schreiben und lesen gleichzeitig an einer über die ganze Welt verteilten Textur ...
Cut / Paste ... Send/Recieve ... Alles passiert (online).
Ich will den Computer wieder ausschalten, da findet sich in der Zwischenablage noch folgende Kopie (aus einer Netzwerksession in der
Mediamatic-online


- von der Agentur Bilwet, einer weiteren Abteilung der (weltweiten) Bibliothek:

"Das Computernetz befreit den Autor von seinem Verleger. Ungehindert [...]kann ein schreiblustiger Autor Buch nach Buch direkt ins Netz werfen. Wenn das Meisterwerk nach zehn Tagen aus dem Netzwerk gelöscht wird, deponiert man es zugunsten der virtuellen Gemeinschaft auf der eigenen ftp-site, im World Wide Web oder BBS [...] Die Sätze wollen nicht länger eine Verbindung mit Vorgängern und Nachfolgern eingehen. Nach jedem Satz kann im Prinzip jeder andere folgen [...] Virtuelles Schreiben bedeutet: Sprache produzieren, die nur im Arbeitsspeicher existiert. Online Text macht aus der Schrift ein instabiles Medium [...] Der real existierende Cyberspace ist ein Text-based Environment, nicht als Folge einer kulturellen Entscheidung, sondern einer technischen Begrenzung [...] Der flüchtige Computext ist die ironische Rückkehr der Schrift, nachdem das Wort im Zusammenhang der Bildkultur für tot erklärt worden war [...] Virtuelles Schreiben ist die Antwort der Schrift auf die Designermedien, weil es keine Form sucht, um sich zu materialisieren, denn diese ist zu zeitgebunden, [...] sondern um sich stattdessen im elektronischen Universum einen neuen Raum zu schaffen, um überallhin gelangen zu können."

Außerdem finden sich noch Reste einer Hotlist, die die virtuellen Bibliotheken verzeichnet, die ich in letzter Zeit besucht habe: (nur online-Version)


Eine Home-Page zu Hypertext Theorie und Praxis: The Eastgate Home Page
Das Foyer eines Hypertext-Hotels
Das Projekt Gutenberg
WAXweb Home Page mit 500 Mpeg-Sequenzen, Stills, Drehbucheintragungen und Kommentaren
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