Heiko Idensen
Bild-Schirm-Schreiben -
Die Rache des Textes an den Medien?



Ich schlage die Zeitschrift "WIRED" zu und schalte den Computer wieder an.
"Bis zum Jahr 2000 ist jedes Buch über Mausklick online verfügbar"
"Unser Schreibzeug arbeitet mit an unseren Gedanken"
"Everything is deeply intertwingled!"

Ich kenne diese Sätze wohl, weiß aber nicht mehr, wo sie stehen oder woher sie kommen. Jetzt flitzen sie mit riesigen Lettern vor mir kreuz und quer über den Schirm und verkünden so als Bildschirmschoner unaufhörlich das Ende des Buchzeitalters, wenn ich den Computer eine Zeit lang nicht füttere.
Ich schiebe die Maus links neben die Tastatur, doppelklicke das Symbol eines neuen Autorensystems, das ich gerade teste, und wähle als Genre "Kurzessay" - mit einer definitiven Seitenbegrenzung von 5.
Ich spare mit das Drama, mit einer leeren Seiten anzufangen und wähle über eine CUT-UP-Funktion einige Absätze aus einem längeren Essay ("Über die Natur digitaler Medienwelten") aus, die ich zufallsgesteuert in 7 Schreibräume kopieren lasse.
Ich setze den Datenhelm auf und fange an, in den leeren Zwischenräumen neue Übergänge zu schreiben, während ich in einem anderen Fenster einige neue CD-ROM- Magazine nach interessantem Material durchkämme. Die leichte Abänderung eines Manifestes, das ich gerade noch aus dem Papierkorb fischen kann, scheint als parodistischer Gag für den Anfang nicht schlecht zu taugen. Später kann ich immer noch alles ändern!


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